Ist schon ein Jammer. Jetzt haben wir noch nicht einmal seit einem halben Jahrhundert russische Gaslieferungen in Österreich und dann kommt so ein dummer Konflikt in der Ukraine und macht uns das alles gleich wieder kaputt. Möglicherweise zumindest.
Wir hatten im Prinzip nie wirklich ein Problem mit russischem Gas. Ab und zu steht zwar etwas in den Nachrichten, aber mit Ausnahme von zwei Krisen kam das Gas immer so zuverlässig wie ein Schweizer Uhrwerk. Was ist eigentlich die Verniedlichungsform von Krise – Kriselchen?
Jetzt kann man sagen, auch Schweizer Uhren sind nicht mehr das was sie einmal waren und andere Mütter haben auch schöne Töchter. Aber dazu hätte man sich schon vor vielen Jahren über Alternativen zu Russland Gedanken machen müssen und das hieße wiederum, dass man proaktiv planen und etwas unternehmen müsse und das ist eine ganz und gar unösterreichische Eigenschaft. Lieber warten wir bis irgendein Wunder passiert von dem wir noch gar nicht wissen was es überhaupt sein soll, und außerdem kann man ja nicht damit rechnen, dass sich ein unterdrücktes Volk auf dem Weg der Leitung einmal erhebt und gegen seine Machthaber aufsteht. Aber das ist eine andere Debatte.
Jetzt aber einmal ganz nüchtern betrachtet und ohne uns den Kopf über Versäumnisse der Vergangenheit zu zerbrechen – wenn wir uns vorstellen, dass aus Russland viel weniger oder gar kein Gas mehr käme – wohin ginge die Reise dann? Und ich werde auch nicht auf die üblichen Träumereien einiger Politiker und Phantasten, wonach wir alle bessere Menschen werden sollten (make love – no war) und dann wird das alles schon irgendwie gehen, eingehen. Otto Normalverbraucher – und zu denen zähle ich selbst – muss schließlich im Winter heizen und die Stromrechnung sollte zumindest noch etwas für Licht und etwas für den Kühlschrank übriglassen.
Stellt sich zuerst die Frage – wollen wir überhaupt noch Gas oder sollten wir uns nicht von den Produkten der Eingeweide der Erde lossagen und ein vermeintlich besseres Leben führen. Realistischerweise ist das nicht leicht zu machen, denn Österreich verbraucht an die 5 Milliarden Kubikmeter Russengas jedes Jahr. Das alles mit Kohle oder Öl zu ersetzen würde im Falle des Öls sehr viel teurer als das Russengas und im Falle der Kohle nicht gerade toll für die Umwelt. An Gas führt also offenbar kein Weg vorbei.
Biogas wäre noch da, aber 5 Milliarden m3 ist sehr viel mehr als nur ein paar Rinderdärme auch nach etlichen Jahren des Ausbaus hergeben könnten. Biogas ist also im Prinzip gut, wird aber so nicht funktionieren, weil die Mengen einfach nicht herstellbar sind. Zumindest nicht mittelfristig.
Einigen wir uns darauf, dass wir das Gas entweder anders produzieren müssen oder aber importieren.
Es ist jedoch nicht abzusehen, dass die Norweger nur wegen der Russenkrise ihre Planung für die nächsten 10 Jahre über den Haufen werfen. Warum auch – in einer Krise schnalzen die Preise nach oben und Statoil-Hydro verdient dann mit weniger verkauftem Gas mehr Geld. Wenn sie mehr ins System pumpen, drückt das den Preis und damit die Einnahmen. Kann man echt nicht verlangen. Desweiteren ist zwar in der Nordsee noch so einiges zu finden, aber ein Russland ersetzt es nie und nimmer.
Algerien braucht jedes Jahr mehr Gas für den Eigenbedarf und hat auch keine gewaltigen Überschüsse, die es einfach nach Europa pumpen könnte, und überdies arbeiten die Pipelines ohnehin schon auf Anschlag. Libyen ist ein Desaster und nicht verlässlich und Ägypten wird langsam zum Importeur.
Kommen wir zur Schiefergas-Frage. Ja, ich kenne die Bilder von brauner Brühe die beim Wasserhahn runterkommt, und dass das angeblich das Resultat von Fracking sein soll. Dass selbst die Macher dieser Filme bereits zugeben mussten, dass das Wasser lange vor dem Fracking schon braun war und das unmöglich Fracking sein konnte, wird hierzulande leider geflissentlich ignoriert. Auch werden all jene, die sich nur ansatzweise positiv zu Fracking äußern, auf der Stelle mundtot gemacht und beinahe gelyncht. Die Grün-Mafia hat wieder ein Thema gefunden, dass sie den Leuten eintrichtern kann, damit sie noch mehr Windräder und Solaranlagen durchbekommen.
Und wenn wir schon dabei sind – dass diese Anlagen alle sehr viel mehr Geld kosten und nicht unwesentlich mit ein Grund für die exorbitant hohen Energiepreise hierzulande sind, lässt man auch gerne unter den Tisch fallen. Darüberhinaus bläst der Wind nicht immer und auch die Sonne ist keine 24 Stunden Erscheinung, weshalb Gas als Ausgleichsfaktor fast schon unverzichtbar ist. Aber auch in diese Debatte steige ich an dieser Stelle nicht ein.
Wir stehen gegenüber den USA wirtschaftlich im Hintertreffen. Ganze Industriezweige wandern ab und damit die Jobs. Aber es kommt noch schlimmer – denn wo nichts produziert wird, braucht man auch keine Services. Dann sind auch diese Jobs futsch. Und zu glauben, dass eine Firma nach Amerika geht, um dort die billige Produktion auszulagern und dann die hochgeistigen Sparten hier belässt, ist auch etwas naiv. Ein anderes Argument, das ich immer höre ist, dass die Europäer doppelt oder dreifach so effizient im Umgang mit der Energie wären.
Seltsamerweise sehe ich aber nirgends mehr Hybrid-Autos als in Texas, dem Zentrum der Ölbarone. Und Energiesparen ist auch in Amerika ein Riesenthema – es ist billiger, aber nicht umsonst. Jedoch fühlen wir uns halt gerne überlegen, und wenn die Amerikaner schon unsere Jobs, das damit verbundene Geld, die damit verbundenen Steuereinnahmen und obendrauf Fortschritt und Entwicklung bekommen die bei uns nicht mehr stattfinden, weil sie eben etwas getan haben um ihr Problem zu lösen, dann wollen wir uns zumindest einreden können, dass wir trotzdem besser sind. Vergessen wir nicht, dass vor nur wenigen Jahren dasselbe Amerika, das nun mit vergleichsweise billigem Schiefergas lockt, noch der Hochpreismarkt der Welt war. Die USA stöhnte unter den superhohen Energiekosten und schien das Eldorado eines jeden Energieexporteurs zu sein. Wie schnell sich doch alles ändern kann.
Was man aber auch gerne vergisst ist, dass die Amerikaner nicht erst seit einem Jahr an der Lösung des Problems arbeiten. Seit Anfang der 2000nder Jahre haben Unternehmer dort Geld, Schweiß und Zeit in die Lösung des Problems gesteckt und sie waren alle belächelt worden. Noch 2006 sagte man, dass es unmöglich wäre ein Feld für weniger als 12 USD pro mmBTU zu fracken und heute sind wir in manchen Feldern bei 3 USD. Und so ziemlich alle Gegenargumente, die ich immer wieder höre, entpuppen sich extrem schnell als Mythen. Und bitte, Schiefergas wird in den USA nicht subventioniert. Es stimmt schon, dass es oft als Abfallprodukt der Schieferölproduktion übrigbleibt, so wie das vor allem in Eagles Ford der Fall ist, aber wenn der hohe Preis den man für ein Produkt bekommt für ein anderes mitbezahlt wird, ist das wohl keine Subvention. Immerhin wird hier nicht ein einziger Steuerdollar verbraten.
Ich kann die Diskussionen, die ich zum Thema schon hatte, gar nicht mehr zählen. Wenn Europa ernsthaft vor hat wieder aus der Grube, in der es sich schon befindet herauszukommen, führt am Schiefergas nahezu kein Weg vorbei. Ansonsten bleiben wir auf Jahrzehnte zweite oder werden gar dritte Klasse. Denn alle anderen arbeiten fieberhaft daran. Sogar die Saudis.
Doch kommen wir zum Ziel der Diskussion. Wenn wir unsere Gasprobleme per Import lösen wollen, ist LNG unvermeidlich. Und wir werden weiter importieren müssen, weil Schiefergas und alle anderen Lösungen sehr langfristig wirken werden und wir Ausweichoptionen brauchen, damit es nicht noch schlimmer wird bei uns. LNG wächst aber nicht auf Bäumen. Ich würde sogar sagen, dass es seit 1964 noch niemals so schwierig und einfach zugleich war, an LNG realistisch heranzukommen. Noch nie war LNG so teuer und noch nie war es so schwer auch nur ein einziges Cargo zu bekommen. Das Problem löst sich nur auf eine einzige Art und Weise. Geh dorthin wo billiges Gas ist und verflüssige selber. Das ist teuer, dauert lange und ist echt nicht einfach, aber es ist besser als langsam in der Hölle zu versinken.
Erstaunlicherweise ist es genau das, was LNG Entwickler immer schon getan haben. Wir scheinen die Lektion nur vergessen zu haben. Nach dem Motto – ich kauf es doch einfach im Supermarkt. So einfach ist es aber nicht, außer natürlich wenn man bereit ist den höchsten Preis der Welt zu zahlen, und wir haben ja schon ein gewaltiges Problem mit unseren Preisen.
LNG aus Amerika zu holen hört sich toll an, aber logischerweise wird es wohl nicht dazu beitragen uns gegenüber Amerika wieder wettbewerbsfähiger zu machen. Wir würden damit nur noch den höheren Energiepreis einfrieren.
Wir brauchen dringend billigeres Gas und der einzige Ort wo das noch denkbar ist, ist Afrika südlich der Sahara. Dort gibt es noch gewaltige Mengen an Abfallgas (Nebenprodukt der Ölproduktion, das sinnlos abgefackelt wird), das sich sehr gut in Europas Gasnetzen machen würde. Aber um das zu realisieren bräuchte es Unternehmergeist und der hat sich ja offenbar mit unserer Industrie nach Amerika vertschüsst. Oder irre ich mich?